1415: Ein Hohenzoller bändigt die Raubritter - WELT (2024)

Kultur

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1415

Ein Hohenzoller bändigt die Raubritter

Von Jan von Flocken

Veröffentlicht am 21.09.2007Lesedauer: 4 Minuten

Der 30. April 1415 bildete einen Höhepunkt des allgemeinen Konzils zu Konstanz. Kaiser Sigmund begrüßte den Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg. Unter seiner Fahne mit dem schwarzen Adler empfing der Zoller die feierliche Belehnung mit der Würde eines Kurfürsten und Markgrafen von Brandenburg sowie den damit verbundenen Rang eines Reichserzkämmerers. Damit begann der Aufstieg der Dynastie Hohenz

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Die Mark Brandenburg stellte Anfang des 15. Jahrhunderts einen rechtsfreien Raum dar. Weil das einheimische Herrschergeschlecht ausgestorben war, hatte Kaiser Karl IV. das Land 1361 seinem Sohn Wenzel dem Faulen und später dessen Cousin Jobst von Mähren übertragen. Beide hielten sich stets außerhalb Brandenburgs auf und ließen der Anarchie freien Lauf. Raubritter durchzogen das Land und brachten den Handel fast zum Erliegen. Die Herzöge von Pommern überzogen viele wehrlose Städte mit Krieg, der Erzbischof von Magdeburg ließ Rathenow plündern. Die Missstände erreichten einen Höhepunkt, als der berüchtigte Ritter Dietrich von Quitzow im Herbst 1410 ohne Fehdeansage die Stadt Berlin überfiel und teilweise in Brand steckte.

Nachdem Markgraf Jobst Anfang 1411 gestorben war, fiel Brandenburg an den Kaiser Sigmund zurück. Ihm war klar, dass die Situation im Land auf ein Chaos zusteuerte. Deshalb ernannte er am 8. Juli 1411 den Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg zum „rechten Obristen und allgemeinen Verweser und Hauptmann der Mark“.

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Der 40-jährige Friedrich war politisch und militärisch außerordentlich fähig; schon 1396 hatte er Kaiser Sigmund im Kampf gegen die Türken auf dem Balkan beigestanden. Als er im Juni 1412 nach Brandenburg kam, empfingen die Städte Berlin, Cölln und Spandau ihn als Retter aus größter Not. Die Landadeligen freilich hatten für Friedrich nur Spott übrig. Kaspar Gans zu Putlitz, Führer des altmärkischen Adels, nannte ihn den „Tand von Nürnberg“, Dietrich von Quitzow meinte: „Und wenn es ein Jahr lang Nürnberger regnete, so sollen sie doch in unserer Mark nicht aufkommen.“

Schwere Geschütze werden aufgefahren

Zunächst zogen die Ritter Friedrich von Hohenzollern in offener Feldschlacht entgegen, wurden aber im Oktober 1412 am Kremmener Damm schwer geschlagen. Nun verschanzten sie sich in ihren festen Schlössern und Burgen. Die Herren von Maltitz, gefürchtete Raubritter, verloren durch Unachtsamkeit als erste ihre Feste Trebbin. Andere Burgen wie Friesack, Plaue und Beuthen waren nicht so leicht zu bezwingen; insbesondere die Festung Plaue mit ihren fünf Meter dicken Mauern galt als uneinnehmbar.

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Doch der Hohenzoller brachte nicht nur ein Heer, sondern auch eine bis dato in der Mark unbekannte Waffe mit: schwere Geschütze, sogenannte Donnerbüchsen, die mit Pulver geladen wurden und riesige Steinkugeln verschossen. Die größte Kanone erhielt wegen ihrer geringen Beweglichkeit den Namen „Faule Grete“. Mit diesen Geschützen legte Friedrich eine Burg nach der anderen in Trümmer. Im Februar 1414 wurde Friesack erobert, dann folgte Golzow, dessen Herr Hans von Rochow im Büßerhemd mit einem Strick am Hals um Gnade flehte. Schließlich fiel auch das befestigte Plaue, die Hauptburg der Quitzows.

Am 20. März 1414 hielt Friedrich auf einem Landtag zu Tangermünde Gericht über die Rebellen und verkündete eine neue Landfriedensordnung. Die schlimmsten Raubritter wie Werner von Holtzendorff und Johann von Quitzow wurden ihrer Güter für verlustig erklärt.

Rückzug nach Konstanz

Nachdem die Ordnung wiederhergestellt war, zog Friedrich Anfang 1415 zum allgemeinen Konzil nach Konstanz, wo der Kaiser ihn als Dank für seine Verdienste zum Kurfürsten und Markgrafen von Brandenburg ernannte. In Konstanz fand auch der Prozess gegen den böhmischen Reformator Jan Hus statt, der am 6. Juli 1415 als Ketzer verbrannt wurde.

Friedrich von Hohenzollern besaß daran keinen Anteil, denn er jagte zu dieser Zeit den Gegenpapst Johannes XXIII. durch Tirol und nahm ihn gefangen. 1417 stellte er in Konstanz ein Konklave der Kardinäle unter militärischen Schutz, die am 11. November den Römer Oddo Colonna als neuen Papst Martin V. wählten, womit die Spaltung der christlichen Kirche beendet war.

Friedrich I. zog nach Beendigung des Konzils zurück ins Brandenburgische. Da seine Herrschaft noch nicht gefestigt schien, marschierte Anfang 1420 ein polnisch-deutsches Heer unter Herzog Kasimir von Pommern in die Mark ein. Gemeinsam mit seinem einstigen Gegner Kaspar Gans zu Putlitz schlug der Kurfürst am 27. März 1420 Kasimirs Truppen bei Angermünde vernichtend. Die Hohenzollern und Brandenburg waren eine untrennbare Einheit geworden.

Mehr Anekdoten aus der Geschichte, erzählt von Jan von Flocken, finden sich in dem Buch "111 Geschichten zur Geschichte"

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